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Der Amtsschimmel
Irbema streckt sich und kommt verschlafen aus seiner Höhle. "Verfluchter
Wecker", denkt er und schaut verdrießlich aus den Schuppen.
Dragonlady und Bernd sind heute irgendwie anders. Statt knuspriger Frühstücksbrötchen
gibt es heute nur Lungenbrötchen. In Marions Gesicht kann man den
Wetterbericht für die nächsten sieben Tage lesen. Und Bernd
sieht aus wie ein zusammengeschlagener Krauteimer.
"Beeil dich Schatz!" ruft Marion. " Wir müssen
zum Amt. Wenn wir so trödeln, können wir da wieder ewig und
drei Tage warten." "Dann müssen wir wohl wieder den Amtsschimmel
über uns ergehen lassen", gibt Bernd zurück. Beide verschwinden
und die Tür fällt krachend ins Schloss.
Dem Hausdrachen bleibt das Maul vor Schreck weit offen stehen. "Meine
Schützlinge haben Probleme mit einem Amtsschimmel. Aber was in drei
Drachennamen ist das? So schnell ihn seine Tatzen tragen rennt Irbema
zum Bücherregal, klopft heftig dagegen und Brüllt: "Weis-Heit,
du Blindschleiche! Wach auf; unsere Menschen brauchen Hilfe." Der
Bücherwurm schlängelt sich verdutzt zwischen den dicken Bänden
hervor während Irbema lossprudelt.
"Bernd und Dragonlady sind unterwegs zum Amt. Und dort lauert
der Amtsschimmel. Du hättest die Gesichter der beiden sehen sollen.
Dann hat Marion auch noch gesagt, dass dort eine Warteschlange ist."
Weis-Heit zieht knurrend die Augenbrauen hoch. "Ich vermute",
rezitiert er feierlich, "dass du nun wissen möchtest, was ein
Amt ist. Nunja, das ist ein vom menschlichen Kontrollbedürfnis erschaffenes
Bollwerk, das noch niemand bezwungen hat." Der Hüter des Wissens
leckt sich die Lippen und fährt fort; "an den langen Wartezeiten
dort ist die Warteschlange schuld. Wenn ich die zwischen die Nüstern
kriege. Aber, ich muss es zu meiner Schande gestehen, den Amtsschimmel
kenne ich nicht." Nun ist Putzies Quiekstimme deutlich zu vernehmen,
"Schau doch im Buch mit den sieben Siegeln nach." "Das
ist eine zündende Idee", prustet Irbema erfreut. Doch der Bücherwurm
mahnt: "Reiß dich zusammen. Der Laden soll doch stehen bleiben."
Irbema beißt die Zähne zusammen und zischt: "Dass du auch
immer alles auf die Goldwaage legen musst." Weis-Heit zieht das Buch
aus dem Regal. Dabei reißt er eine Kristallkugel mit, die dann prompt
dem armen Irbema auf den Kopf plumpst. Ohnmächtig sinkt der Glücksdrache
zu Boden. Putzi schreit entsetzt: "Du hast ihm die Kugel gegeben.
Ist jetzt der Ofen aus?" "Wie kommst du denn darauf? du bist
wohl schön gegen den Schrubber gelaufen", schnauft Weis-Heit.
Doch dann hält er inne. Auf Irbemas Rücken ist ein kleiner
quirliger Drache zu sehen. Niemand hat ihn bemerkt. "Darf ich mich
vorstellen", beginnt dieser mit lallender Stimme zu sprechen. "ich
bin der Drehwurm." Er spricht es und verschwindet so schnell und
lautlos wie er gekommen war. Nun schlägt Irbema die Augen auf und
wiehert: "Ich hatte eine Vision. Leute habe ich gesehen, die unnutze
Dinge zu Papier brachten, die sie Gesetze nannten. Das spielte sich wohl
im späten Mittelalter ab. Vor dem Haus, indem sie so schrieben, stand
ein Schimmel für die Briefboten." "Und das ist also der
Amtsschimmel", stößt Weis-Heit hervor; "was geistige
Umnachtung doch so alles mit sich bringt."
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